Die letzte Festung
Satire, erstveröffentlicht auf raketa.at
In der letzten Festung der neuen österreichischen Juden, dem Haus der Wiener akademischen Burschenschaft Olympia, geht es wieder einmal hoch her.
Anwesende:
Heilgut Nasbohr, Bursch
Nordmann Pillermann, Fux
Simon Morgenstern, Bursch
Gäste:
Dr. Martin Graf, Alter Herr
Dr.Hans Rinnhofer, Alter Herr
Der Erlöser, mit Anhang
Nasbohr: Fux Pillermann, setze er sich an den Donnerbalken aus germanischer Eiche und bringe er Bier mit!
Pillermann: (setzt sich an den Tisch im Festsaal) Heil dir, lieber Bundesbruder!
Nasbohr: Heil ist geil! Heil Hitler, Fux!
Morgenstern: Geh, hör auf mit dem Abnazen!
Nasbohr: Du Defätist! Du bist genau so schlimm wie die linken Lumpen, die wollen auch nicht, dass der Erlöser kommt!
Pillermann: Wer, bitte, ist der Erlöser?
Morgenstern: Er meint den Hitler, wie immer. Gell, Heilgut?
Nasbohr: Hehehe! Klar. Er wird kommen und dann ist alles gut!
Pillermann: Also, ich weiß nicht…
Nasbohr: Fux, sei still! Stärke dich!
Pillermann: (trinkt, bis Nasbohr 'satis' sagt) Trotzdem. Genau solche Aussagen verschaffen uns den Ruf, den wir haben.
Nasbohr: Und? Ich bin ein stolzer Nationalsozialist!
Morgenstern: 'Neo' hast du vergessen…
Nasbohr: Was meinst du damit?
Morgenstern:Neonationalsozialist
Pillermann: Neonazi, meint er.
Nasbohr: Und verdammt stolz darauf!
Morgenstern: Was macht die Hatz, die uns die Lumpen von der Teutonia gebrummt haben?
Nasbohr: In einer Woche wird gefochten. Dann zeig ich denen, wo der Rommel den Wüstensand holt!
Pillermann: Was? Die Teutonen? Sind das nicht die mit den lächerlichen uringelben Mützen?
Morgenstern: Genau die, die gelbe Nachttöpfe auf ihren hohlen Schädeln tragen.
Pillermann: Und sind die Teutonen gute Fechter?
Nasbohr: Ach wo! Schau sie dir an! Die können mit Hämmern und Sicheln umgehen, aber nicht mit Korbschlägern!
Pillermann: Also werden wir die Hatz gewinnen?
Morgenstern: Es geht beim Fechten nicht ums Gewinnen...
Nasbohr: Blödsinn! Die Teutonen werden bluten!
Pillermann: Und wann darf ich endlich fechten?
Nasbohr: Bist du schon soweit?
Morgenstern: Das Fechten ist keine leichte Sache, glaub mir!
Nasbohr: Ja, glaub ihm nur! Schau ihn dir an So eine Hühnerleiter auf der Wange, die kriegt nicht jeder verpasst!
Morgenstern: He! Mir liegt das Fechten halt nicht so!
Nasbohr: Und das Badern danach wohl auch nicht, was?
Pillermann: Wie meinst du das?
Nasbohr: Geschrien hat er, wie ein Jud, der in den Ofen muss!
Morgenstern: Also, so wahr ich Simon Morgenstern heiße…
Nasbohr: Eben, ein Jud!
Morgenstern: Ich bin ein Arier, so wie du!
Nasbohr: Und warum heißt du dann wie einer aus dem KZ?
Morgenstern: Also, das ist eine Frechheit!
Pillermann: Ich glaub nicht, dass der Simon ein Jud ist.
Nasbohr: Nicht? Dann schau mal, wie dunkel seine Haut ist!
Morgenstern: Das kommt vom Urlaub in Afrika!
Nasbohr: Dort hast du dich also auf eine Negerin gelegt, ich verstehe!
Morgenstern: Hab ich nicht!
Nasbohr: Ich hab dich ja gewarnt: die färben ab.
Pillermann: Also, ich weiß nicht…
Morgenstern: Lass gut sein, Nordmann.
Nasbohr: Oder kommt jetzt deine jüdisch-negroide Ader zum
Vorschein?
Pillermann: Hört doch auf damit! Lasst und besser nachdenken, wie wir der Medienhetze gegen uns entgegenwirken können.
Morgenstern: Der Strache, obwohl er zu blöd für die Matura ist, hat schon recht. Wir sind die neuen Juden.
Nasbohr: Du schon, Morgenstern. Ich sicher nicht!
Morgenstern: Ich bin kein Jud!
Pillermann: Was können wir tun, um unser Image zu verbessern?
Nasbohr: (schreit) Image? Das heißt 'Bild in der Öffentlichkeit', du ungermanischer Arsch! Fux, stärke dich sofort ad fundum!
Pillermann: (leert das Glas in einem Zug) Heil dir, Bursch!
Nasbohr: Heil ist geil! Wir könnten den Zeitungen ja unseren Bundesbruder Simon Morgenstern vorstellen.
Pillermann: Und als was, bitte?
Nasbohr: Nun ja, als jüdisches Feigenblatt sozusagen. Sag, Morgenstern, bist du eigentlich beschnitten?
Morgenstern: (errötet) Nein!
Nasbohr: Das glaub ich dir nicht! Pack deine kleine Eiche aus und leg sie hier auf den Donnerbalken. Dann sehen wir uns die Sache mal an!
Morgenstern: Das mache ich sicher nicht! Wer glaubst du, dass du bist?
Nasbohr: Ein Jud sicher nicht!
Pillermann: Freunde, das bringt doch nichts!
Morgenstern: Er hat recht. Lasst uns überlegen, was wir tun können!
Pillermann: Hm, wir könnten die Hatz unserer lieben Olympia gegen die lumpigen Teutonen ja unter ein Motto stellen.
Nasbohr: Und welches Motto, bitte? 'Olympen fechten für Ute Bock' vielleicht??
Pillermann: Das wäre gar nicht so schlecht.
Morgenstern: Also, das geht nicht, die Bock ist unser Feind!
Pillermann: Warum? Weil sie den Negern hilft?
Morgenstern: Genau darum. Wir brauchen nicht noch mehr Murln in unserem schönen deutschen Österreich!
Nasbohr: Die Bock will uns nur weitere Läuse in den Pelz setzen, indem sie ihre Neger dazu ermuntert, unsere Arierinnen zu schwängern, und als Ergebnis haben wir dann eine Vermischung unseres reinen Blutes mit dem dieser Affen!
Pillermann: Das stimmt. Das ist gegen unser großartiges Wirken als Olympen. Aber das mit dem Motto sollten wir uns überlegen.
Alter Herr Dr. Martin Graf betritt den Raum.
Graf: Heil ist geil! Aber: was ist das los, was wird gespielt, im ganzen Haus kein Hitlerbild! Höhöhö!
Nasbohr: Heil Hitler, Alter Herr Graf!
Graf: Was geht ab, Burschen?
Nasbohr: Fux Pillermann möchte die Hatz gegen die Teutonen unter ein Motto stellen.
Graf: Na sehr super! Welches Motto denn? 'Olympen stechen Teutonen ab und tun so etwas gegen die um sich greifende Bäuerlichkeit und gegen die Hanebüchenen in den Reihen der glorreichen Deutschen Burschenschaft' vielleicht? So ein Blödsinn! Wir stechen die Bauernschädeln ab und fertig!
Pillermann: Ganz wie du meinst, lieber Alter Herr.
Graf: Was gibt es sonst für Neuigkeiten?
Nasbohr: Der Morgenstern will sein Zumpferl nicht auf den Donnerbalken legen, zum Beweis, dass er kein jüdisch Versippter ist!
Graf: Auf den Donnerbalken! (beginnt unvermittelt zu brüllen) Ja spinnst denn du, Nasbohr?! Der Donnerbalken ist heilig! Das war der Frühstückstisch von Hermann Göring! Darauf hat kein Schwanz was verloren!
Morgenstern: Sag ich auch. Und Jud bin ich sicher keiner!
Graf: Eh nicht. Aber sag, warum bist du so braungebrannt?
Morgenstern: Ich war auf Urlaub in Kenia.
Graf: Aha, und dort hast du dich auf eine Negerin gelegt, gib es zu! Ich sehe ja, dass die Negerin auf dich abgefärbt hat!
Morgenstern: Ich bin auf keiner Murlalten gelegen! Meine Freundin Mechthild war mit.
Graf: Lassen wir das. Habt ihr es schon gehört?
Nasbohr: Was gehört, Alter Herr?
Graf: Der Erlöser wird kommen!
Nasbohr: Der Erlöser! Endlich! In Fleisch und Blut! Er lebt! Und ich habe schon befürchtet, dass wir den Erlöser ewig in unserem feuchten Keller anbeten müssen.
Pillermann: Was meinst du damit, im Keller?
Graf: Er meint die Puppe vom Hitler, die bei uns im Keller
steht, vor der jeder von uns den Hitlergruß machen muss und dabei fotografiert wird.
Pillermann: Warum fotografiert?
Nasbohr: Damit wir gegen jeden von uns was in der Hand haben, falls einer ausscheren oder abtrünnig werden will!
Pillermann: Und wann darf ich in den Keller?
Graf: Nach deiner Burschenprüfung. Aber das ist jetzt unwichtig, denn der Erlöser kommt und wir sollten vorbereitet sein.
Morgenstern: Kommt etwa der Strache zu uns aufs Haus?
Graf: Lass mich bloß in Ruhe mit dem dümmlichen Zahntechniker! Uns als Juden zu bezeichnen! Dass er sich nicht schämt! So eine leere Hülse!
Pillermann: Aber, lieber Alter Herr, er hat doch recht.
Graf: Recht womit, ha? Bist du etwa ein Jud? Oder der Bundesbruder Morgenstern?
Nasbohr: Der Pillermann sicher nicht! Aber der Morgenstern vielleicht…
Morgenstern: He!…
Graf: Ruhe! Bereiten wir uns auf den Erlöser vor! Wo sind die anderen strammen Recken unserer lieben Olympia eigentlich?
Nasbohr: Aktiver Bursch Adolf Hüttler ist mit aktivem Fux Heinrich Hiemler im Jugendlager des Vereins Sturmadler, sie kümmern sich dort um die wehrhafte Erziehung der Pimpfe. Aktiver Fux Auswulf Rosentanz ist bei seinen vielen Geschwistern und der aktive Bursch Hermann Gehring ist krank, seine Leber macht ihm wieder einmal Probleme.
Graf: Und der neue Fux?
Morgenstern: Von Fux Gebbels mussten wir uns trennen!
Graf: Warum?
Nasbohr: Sein Großvater war in der Leibstandarte Adolf Hitler und wurde von einem deutschen Kriegsgericht zum Tode verurteilt, weil er sich geweigert hat, einen achtjährigen Partisan standrechtlich zu erschießen, so wie es sich gehört hätte.
Graf: Gut, dass er weg ist, der Fux Gebbels! Einen Defätisiten zum Großvater! Da ist die Blutlinie für alle Zeiten versaut.
Pillermann: Und was tun wir jetzt? Singen wir ein Lied?
Graf: Eines? Wir werden viele Lieder singen. Ich wünsche mir für den Anfang folgende Lieder: 'Wenn alle untreu werden', das
Lied der SS, und danach 'Auf Kreta bei Sturm und bei Regen', das Fallschirmjägerlied.
Morgenstern: Und dein Lieblingslied, Alter Herr?
Graf: Das ‚Horst-Wessel-Lied‘ singen wir dann gemeinsam mit dem Erlöser.
Die strammen Olympen singen, was ihre Kehlen hergeben.
Alter Herr Dr. Hans Rinnhofer betritt den Raum.
Morgenstern, Nasbohr und Pillermann: Heil dir, lieber Alter Herr!
Graf: Grüß dich!
Rinnhofer: Heil euch! Hallo, Martin. Wie geht es dir?
Graf: Das fragst du mich? Ausgerechnet du?
Rinnhofer: Du, Martin, es tut mir leid, das mit Seibersdorf!
Pillermann: Was tut dir leid, Alter Herr?
Graf: Der Fux hat recht. Was tut dir leid, Rinnhofer?
Rinnhofer: Dass ich dich rausgeworfen habe, Martin.
Graf: Weißt du eigentlich, was du mir damit angetan hast?
Rinnhofer: (leicht genervt) Weißt du eigentlich, was ich der Firma angetan hätte, wenn ich einen wie dich behalten hätte?
Graf: Nein. Was denn?
Rinnhofer: Du warst sowohl was deine Arbeitsmoral anging als auch hinsichtlich deiner Intelligenz das schwächste Glied in der Kette. Ich hatte leider keine andere Möglichkeit, als dich aus dieser herauszuschneiden.
Pillermann: Das hast du getan, Alter Herr? Warum nur? Der Alte Herr Graf ist doch so nett!
Rinnhofer: Da hast du schon recht, Fux Pillermann. Aber was nützt eine nett grinsende Schüssel, wenn sie leer ist?
Graf: Wir hätten das Forschungszentrum doch unter uns aufteilen können!
Rinnhofer: Und wie, wenn ich fragen darf? Du als der Schwanz, der mit mir, dem Hund, wedelt??
Graf: Also wirklich!
Rinnhofer: Sei du nur froh, dass du dritter Nationalratspräsident geworden bist. Ich hätte dich nicht einmal als Aktenschieber im Parlament eingestellt!
Graf: Also das ist doch die Höhe! Und das an diesem Abend!
Rinnhofer: Was ist am heutigen Abend? Kommen die räudigen Teutonen vorbei, um uns zu sagen, dass sie sich nicht trauen, mit uns zu fechten?
Graf: Nein. Viel besser. Der Erlöser kommt!
Rinnhofer: (verdreht die Augen) Wer? Der Hitler? Ihr gebt die Hoffnung wohl nie auf! (seufzt)
Graf: Eh nicht!
Nasbohr: Niemals!
Graf: Der Adolf, unser Lichtträger, die Seele unserer lieben Olympia, er wird kommen und uns den Weg weisen.
Es klingelt an der Türe des Olympenhauses.
Graf: (ruft) Adolf, ich komme!
Alter Herr Dr. Graf eilt nach unten und kommt kurz darauf mit acht Männern in langen schwarzen Ledermänteln zurück.
Den anwesenden Olympen läuft ein wohliger Schauer ihre Rücken hinab. Lange schwarze Mäntel so wie damals!
Erlöser: Guten Abend, mein Name ist Adolf Steinbeißer, ich bin vom Bundesamt für Verfassungsschutz und
Terrorismusbekämpfung. Hier ist mein Dienstausweis.
Rinnhofer: Dr. Rinnhofer, heil!
Erlöser: Das Heil sparen sie sich besser! Sie sind festgenommen, sie alle fünf. Hier ist der Bescheid, dass ihre Burschenschaft aufgelöst wird wegen Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn. Kommen sie bitte mit!
Der Erlöser war der Staat.