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Mittwoch, 26. März 2025

Tagebuch KHG 1. 11. 2012

 Tagebuch KHG 1. 11. 2012


Satire, erstveröffentlicht auf raketa.at




Liebes Tagebuch!


Heute haben wir Allerheiligen. Aber es kommt mir immer noch vor wie Halloween. Ich habe mich zwar schon abgeschminkt, ich bin nämlich als Fiskalpinocchio gegangen, so mit langer Nase und Vampirzähnen, meine Fiona hat mir angeschafft, mich so zu verkleiden, denn sie war wieder einmal sehr böse auf mich. Wieder einmal. Und dann hat sie gesagt, dass Strafe sein muss.

Denn ich habe wieder einmal einen Bock geschossen. Auch wieder einmal.

Ich habe vergessen, die Kirchensteuer zu bezahlen. So ein Schaß! Die Fiona war ordentlich böse, aber ich verstehe das irgendwie nicht. Ich meine, schau einmal, liebes Tagebuch, wie viele Kinder die hat. Von wie vielen Männern. Und dann regt sie sich wegen so etwas auf. So was!

Ich habe sofort meinen Anwalt, den Mandi Ainedter angerufen, aber der war auch böse. Er hat gesagt, so ein Blödsinn interessiert ihn nicht und dass er mir eh schon bei so vielen Problemen hilft.

Dann habe ich meinen Steuerberater angerufen. Der hat mich am Telefon ausgelacht und gefragt, ob ich jetzt auch die Kirche um zwei Millionen betrogen habe, wie ich es beim Staat gemacht habe. Erst als ich ihm gesagt habe, dass mir die Angelegenheit ernst ist, weil die Fiona böse ist, hat er mir geraten, mich selbst anzuzeigen. Ich meine, was hätte ich denn machen sollen?

Naja, ich hätte schon zum Toni Faber gehen können und ihm das Geld in die Hand drücken. Bestimmt wäre die Geschichte dann erledigt gewesen. Ganz sicher wäre sie das gewesen, wenn ich dem Toni eine schöne Flasche Wein mitgebracht hätte. Aber jetzt ist es zu spät!

Aber vielleicht hat die Sache auch was Gutes. Vielleicht glauben die Leute jetzt, dass ich ein aufrechter und ehrbarer Bursche bin, der sich sogar selbst anzeigt, und vergessen die anderen blöden Geschichten, die mir im Lauf der Jahre so passiert sind.

Jedenfalls, die Fiona ist wieder böse.

Da waren wir extra in Mailand und haben einen Fotografen bestellt, damit die ganze Welt sieht, dass wir uns ja eh gut verstehen. Weil ein paar Medien so blöd geschrieben haben, dass bei uns der Wurm drin ist, und jetzt das schon wieder. Jetzt haben wir den Lindwurm drin! Und dabei war es so nett in Mailand.

Die Fiona hat mir zwar keinen neuen Anzug gekauft, weil sie meint, dass sie nicht weiß, wie es mit mir weitergeht. Irgendwas von neuen Gardinen aus Schweden hat sie gesagt (ich hoffe, sie will jetzt nicht damit anfangen, beim Ikea einzukaufen), und vorher kauft sie mir keine neuen Sachen. Aber sie hat mich auf einen Martini im Dolce&Gabbana­-Cafe eingeladen, während sie sich Schmuck kaufen gegangen ist.

Und dann ist sie in den Palast von der Donatella gefahren, die hat angeblich die Poolboys ausgewechselt, und ich bin derweil mit den Hunden Gassi gegangen.

Eigentlich hätte ich dann auch noch mit nach Tirol fahren sollen, zur Schwiegermama, aber die war bei meinem letzten Besuch so böse zu mir! Wegen der Sache mit dem Geld.

Ja hätte ich vielleicht sagen sollen, der Jörg hat es mir gegeben, weil wir früher so gut befreundet gewesen sind? Ich meine, was hätten sich die Leute gedacht? Ich bin ja kein Prostituierter!

Und dann hat die Schwiegermama gesagt, dass sie schon von Anfang an das Gefühl gehabt hat, dass ich einen Rattenschwanz an Problemen hinter mir herziehen würde. Also bitte! Mich in einem Satz mit 'Schwanz' zu erwähnen! Sowas! Dann hat sie auch noch gesagt, dass sie am Überlegen ist, der Fiona weniger Geld zu geben, damit sie mich nicht so viel unterstützen kann. Nein, zu der fahre ich sicher nicht mehr.

Sonst kommt es noch so weit, dass sie meiner Frau wirklich weniger Geld gibt und wir dann echt Tomaten auf unserem Balkon züchten müssen. Aber wenn wir keinen Kaviar mehr haben, was sollen wir dann essen? Brot vielleicht? Oder Kuchen? Tomatenbrot gar? Nein, das geht nicht. Und das Penthouse ist auch noch nicht verkauft. Dabei hat die Fiona es so schön eingerichtet, so mit Kristall und Versace und so.

Ach, manchmal stehe ich vor dem Spiegel und blicke auf meinen Armleuchter und denke daran, was für ein Kirchenlicht ich einmal war. Und jetzt? Vielleicht hätte ich alles anders machen sollen. Was meinst du, liebes Tagebuch?

Wäre ich nur dem Jörg nie vor die Flinte gelaufen! Jetzt ist alles schlimm. Aber ich weiß auch nicht, was ich ändern soll. Der Westentaschler wird jetzt Immobilienberater. Der hats geschafft. Wie hat der das bloß gemacht? Ich meine, Tagebuch, seien wir uns ehrlich, der war doch immer ein kleiner Dorfdepp. Und jetzt wird er Immobilienberater!

Vielleicht sollte ich auch Berater werden. Aber wen soll ich denn beraten? Und wobei? Stil vielleicht? Ich meine, ich habe ja Stil. Mehr als genug sogar. Oder vielleicht Geld? Ich habe zwar nicht viel davon, also offiziell nicht, aber die Fiona. Blöd nur, dass sie immer noch von ihrer Mama finanziert wird. Aber was soll sie sonst machen? Wenn die Leute einfach zu blöd sind, ihr Genie als Designerin zu erkennen. Soll sie vielleicht Tänzerin werden? Ich meine, fesch ist sie ja.

Ich könnte ja versuchen, meine Schwiegermama in Geldfragen zu beraten, genug Kies hat die Alte ja. Gegen eine fette Provision, eh klar.

Oder ich mache was ganz anderes. Mal überlegen. Ich könnte ja, jetzt wo ich die Sache mit der Kirche ins Reine bringe, vielleicht bei der Kirche anfangen. Vielleicht nicht gleich als Pfarrer, obwohl der Toni Faber es schon lustig zu haben scheint, aber die Kirche hat ja viel Immobilien. Vielleicht wollen mir die Pfarrer mein Penthouse abkaufen und stellen mich dann als Immobilienexperte ein. Das wär schon eine tolle Sache!

Und ich glaube schon, dass das der Fiona auch gefallen täte. Die könnte ich dann vielleicht auch bei der Kirche unterbringen, wenn sie sich schon so wegen der Sache mit der Kirchensteuer aufpudelt. Vielleicht nicht als Klosterschwester, aber sie könnte ja die Messgewänder der Pfarrer designen, so mit Kristallen und so, und bequemere Kirchenbänke anschaffen, vom Rolf Benz zum Beispiel.

Vielleicht sollte ich Schriftsteller werden. Ich hätte schon genug Stoff für ein Buch. 'Die Freiheit, die ist meine' wäre ein guter Titel. Der Jörg kann sich darüber eh nicht mehr aufregen. Und in dem Buch erzähle ich dann von mir selbst.

Wie alles angefangen hat, wie es weitergegangen ist und wie es mit mir weitergehen wird, von meinen Ideen und den großen Plänen, die ich habe. Ich glaube, das werde ich machen, das mit dem Buch.

Eine Sache muss ich dir noch erzählen, liebes Tagebuch. Gestern bin ich mit der Fiona im Bett gewesen, nein, nicht so, denn sie hatte ihre, na du weißt schon, aber egal, dir kann ich es ja anvertrauen, sie hatte ihre Kaviar­-Gesichtsmaske von La Prairie schon aufgelegt, als mich der Meischberger anruft. Er will wieder gut Freund mit mir sein. Also, ich weiß nicht so recht. Ich glaube, das schadet meinem guten Ruf. Was meinst du, liebes Tagebuch? So, ich gehe jetzt schlafen. Ciaociao, dein Butziprinz.

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